Als mir dieses zauberhafte Wesen für einen flüchtigen Moment vor die Linse flatterte wurde mir bewusst, dass ich noch nie zuvor einen Bläuling photographiert hatte. Diese Sache mit dem „fröhlich knipsend hinaus in die Natur“ habe ich penetrant vor mir her prokrastiniert. Es gab scheinbar wichtigeres zu tun – und in dem Garten der Familie wimmelte es ja früher nur so vor Flattertieren in allen Formen und Farben. Wenige Jahre später freue ich mich, wenn ich im Naturschutzgebiet mal eine gefährdete Art entdecke (die Moosjungfer) – allein das ist auf so vielen Ebenen verkehrt, dass ich das gar nicht zu ende denken will. Dies hier ist vermutlich ein „Hauhechel-Bläuling“. Der ist geschützt, gilt aber derzeit nicht als gefährdet.
Da hat doch gestern dieser stattliche, leicht ramponierte Geselle direkt vor meinen Füßen eine Rast eingelegt. Ich hab so gut es mit dem Tele auf meiner Knipse ging ein Bild gemacht, um dann zu Hause mal zu gucken, was das wohl für einer ist – denn so eine Libelle hatte ich bewusst noch nicht gesehen. Soweit ich das beurteilen kann ist das ein „Nordische Moosjungfer“ und damit eine gefährdete Art.
Zum Ausgleich für das wuselige Bild oben, gibt es noch ein vielleicht etwas schöneres Photo von heute – allerdings mit einer total verbreiteten Art drauf: dem „Vierfleck“. Der Kollege hier ging beim Starten auf jeden Fall bereits als Ventilator durch.
Der Hobby-Ornitologe in mir meint herausgefunden zu haben, dass mir hier eine Schwarzkehlchen-Dame vor die Linse gehüpft ist. Die weist vermutlich gerade ihren Kerl zurecht:
Herr Schwarzkehlchen wird jedoch nicht müde zu beteuern, dass dieser unfreundlich dreinschauende Stacheldraht nur dem Schutz der potentiellen Nachkommenschaft vor irren Homo Knipsi mit überlangen Glasaugen dient.
Obwohl heute vielfach komische Vögel mit Bier in der Hand und Ballermann am Ohr in den Naturschutzgebieten zu finden waren, konnte ich mich sehr lange an der Flugshow, dem Gesang und einigen Fisematenten einer Truppe Nebelschwalben erfreuen. Darüber habe ich fast das Knipsen vergessen. Ich bin verliebt.
Neulich fiel mir nur deshalb ein Bussard in einem sehr dichten Baumstreifen auf, weil er dauernd von einem Raben attackiert wurde. Ich beobachtete das eine ganze Weile, konnte aber kein schönes Foto schießen. Gestern fuhr ich noch einmal zu der Stelle, weil ich hoffte, ihn vielleicht wieder zu finden. Ich traute meinen Augen kaum, als ich ihn auf Anhieb in dieser langen Bewaldung am Mittellandkanal fand. Also stand ich ihm eine ganze Weile gegenüber, durch das dichte Gehölz war es aber kaum möglich, eine Ganzkörperaufnahme hinzubekommen. Irgendwann machte ich mich auf den Rückweg und zu meiner Überraschung und Freude begleitete mich der Greif von nun an. Zu seinem Verdruss tauchte allerdings (mutmaßlich) Hektor, der Rabe von meinem gestrigen Bild, wieder auf und mobbte den Krummschnabel. Schlussendlich fiel mir dann fast die Kamera aus der Hand, als er sich direkt vor meinem Auto auf den Boden flüchtete und und das Gras nach einem Nachtisch durchforstete. So hatte ich eine ganze Weile einen ungestörten Blick auf meinen neuen Freund. Ich nenne ihn Willibald.
Obwohl ich in letzter Zeit die verrücktesten Vögel in freier Wildbahn beobachten konnte und teils aus dem Staunen nicht rauskam: Die gemeine Amsel, die einem hier auf Schritt und Tritt begegnet, ist und bleibt eine meine allerliebsten Flattertiere. Vielleicht liegt es auch bloß den orangen Augenringen der Jungs?
Erst vorletztes Jahr habe ich das Hiller Moor für mich entdeckt. Besonders oft hat es mich trotzdem noch nicht dort hin verschlagen – dafür muss ich ja auch das Wiehengebirge überqueren. ;-) Seit ein paar Wochen zieht es mich aber immer öfter dort hin. Und jetzt wo der Frühling mehr und mehr um die Ecke kommt wird es auch immer zauberhafterer.
Ich habe tatsächlich jetzt vier Wochen überlegt, ob ich dieses Bild auch hier poste. Einfach deshalb, weil es in Farbe ist und auch so bleiben soll. Nicht dass ich etwas gegen Farbe einzuwenden hätte – ich hatte mir nur irgendwann mal vorgenommen hier ausschließlich schwarzweiß zu veröffentlichen und die Farbbilder gegebenenfalls auf irgendwelchen anderen Kanälen. Da der Mittellandkanal aber der einzig vernünftige andere Kanal ist, ist es ein guter Auftakt für etwas Farbe. Aufgenommen am 17. März 2023.
Wenn ich aus meinem Fenster schaue, sehe ich das Wiehengebirge. Das ist sowas wie der Inbegriff von Heimat für mich. Genau genommen fühle ich mich schon immer nur da richtig wohl, wo ich diesen kleinen Höhenzug sehen kann. Die weitreichenden Schneisen, die das Wetter und der Mensch in den letzten Jahren in diese Landschaft gerissen haben, hören nicht auf, mich jedes mal aufs Neue zu erschüttern. Aufgenommen am 6. April 2023.
Das Problem mit diesen AI-generierten Bildern ist nicht, dass es sie gibt oder das sie die Schauher-Websiten dieser Welt fluten. Das Problem ist, dass es bereits jetzt langweilig wird, noch bevor die ganz große Welle anrollt.
Wahrscheinlich kann man lange Geschichten darüber erzählen, was 2022 war und vielleicht auch wie es klang. Ganz sicher habt ihr aber vieles davon schon gelesen und manches gehört. Doch wenn ich meine meistgelauschten Lieder des sterbenden Jahres anschaue, kann ich die Welt um mich herum auch mit Exzerpten dieser Titel beschreiben.
If the bombs and the fire don't instantly kill
Then the greed from the ashes certainly will
(Self Destruct)
Dann sind da noch die vielen, die dieses Jahr von uns gingen. Neben den bekannten Persönlichkeiten wiegen die nahen Seelen so viel schwerer.
She hugged her baby and cried and cried
She said everybody is always losing somebody
Then walked into the forest and buried her child
(Hollywood)
Zusammenfassend passen die Zeilen meines meist gehörten Liedes irgend wie sehr gut,
There's sugar on your soul
You're like no one I know (…)
And it breaks my heart to love you
(Sugar)
Doch wenn ich 2022 klanglich beschreiben soll, dann kann ich nur
I awake
From blood thick dreams
(Charlie Big Potato)
Das Bild von Robbie dort oben entstand am 21.11.2022 … einen Tag bevor …
In diesem Sinne: 2023 ist zumindest eine gute Zahl.
Vor sieben Jahren trafen Robbie und ich im Tierheim erstmals aufeinander. Wir schauten uns an und es war für beide Liebe auf den ersten Blick. Kurze Zeit später erklärte der entspannteste Kater der Welt dann mein Schlafsofa zu seinem Hoheitsgebiet. Irgendwann auch meine linke Hand, auf der er immer, solange es eben ging, seinen schnurrenden Kopf ablegte, wärend er Nacht um Nacht neben mir auf dem Sofa verbrachte. Obwohl bereits 2009 geboren, war er im Prinzip immer bei bester Gesundheit. Doch heute musste ich ihn nach kurzer, aber schwerer Krankheit das letzte Geleit zum Tierarzt geben. Er blickte mir in die Augen, als er sich für immer verabschiedete, ganz so, wie wir uns das erste mal trafen. Farewell mein wundervoller haariger Freund.