Seit den Kindertagen der Elektronischen Bildbearbeitung verdinge ich mich als Pixelschubser. In den frühen 90ern des letzten Jahrtausends waren meine Fertigkeiten stark ausbaufähig, aber ab dem Millennium reichte es zum Geld verdienen. Damals guckte man noch in staunende Augen, wenn man mit handwerklichem Geschick und verschiedenen Herangehensweisen Elemente in Photos manipulieren konnte. In den 10er Jahren wurde das mehr und mehr normal, für mich waren selbst schwierigste Retuschen nur noch Routine und die aufkommenden Filter in den kleinen Westentaschencompuertern, die nun bald jeder bei sich trug, stimmten uns schon mal darauf ein was uns noch blühen wird. Ich gucke nun seit vielen Dekaden den Großteil des Tages in einen Monitor, meine Augen haben die besten Zeiten lange hinter sich und ich bin bereits seit Jahren des perfekten Retuschierens müde. Eigentlich kommt es da wie gerufen, dann man heute durch Eingabe von ein paar Wörtern ganze Bildteile manipulieren kann. Aber es keimt doch in mir die Frage auf, warum ich eigentlich zweieinhalb Jahrzehnte versucht habe „perfekt“ zu arbeiten, wenn Menschen kreischend auf hochgradig artifizielle Bilder abfahren? Zum Glück muss ich keine Antwort mehr auf diese Frage finden. Es hat schon etwas beruhigendes, dass ich zu Beginn meiner beruflichen Kariere mit dieser Profession begann und nun im letzten Jahrzehnt meiner Tätigkeit dabei zusehen kann, wie die selbe in das Grab des maschinellen Lernens überführt wird. Und wenn es einst so weit ist, dass niemand mehr die alten Hasen braucht um aus einem Haufen Pixeln etwas druckbares zu machen, werde ich das alte Filmmaterial aus dem Kühlschrank holen, ein wenig durch die Welt stapfen, Photos knipsen und dann abends mit einem schönen Bildband in der Hand und einer Schallplatte im Ohr den Rest des Tages genießen. Bei all dem empfinde ich weder Gräuel noch Wehe – eher eine Art Demut, genau zum richtigen Zeitpunkt dabei gewesen und nun gelassen genug zu sein, um zu beobachten, wohin die Reise noch geht.